ANSELM KIEFER - EINSTIEG IN DIE AUSSTELLUNG
Zum AnfangEinstieg in die AusstellungANSELM KIEFER
ANSELM KIEFERGott und Staat
ANSELM KIEFERMann und Frau
Die skulpturalen Frauen wandeln als Zeichen der Selbstermächtigung und Weisheit im Raum mit dem Bleibuchobjekt „20 Jahre Einsamkeit“. Kiefer greift hier seine eigene Rolle als Künstler und Schöpfer auf. Um Schöpfungsgeschichte geht es in seinem Werk „Am Anfang“: Es verbindet die Idee einer Beziehung zwischen Himmel und Erde.
ANSELM KIEFERTod und Stille
Auch in „Hortus Conclusus“ hat sich Kiefer der Pflanzen als Motiv bedient. Die Arbeit steht für einen Ort der Stille, ein Nachdenken über die Sinnhaftigkeit des Lebens. Das Werk steht in Bezug zu „Schwarze Flocken“. Dieses ist von dem jüdischen Dichter Paul Celan inspiriert. Das Bild ist von großer Traurigkeit. Die verkohlten Holzreste bilden perspektivisch zulaufende Reihen in der Landschaft und symbolisieren die Toten des Holocaust sowie die unzähligen Gefallenen des Krieges.
ANSELM KIEFERHimmel und Erde
INTERVIEW ANSELM KIEFER
ANSELM KIEFERDer Künstler im Gespräch mit Stefan Dettlinger, Leiter Kulturresort Mannheimer Morgen
Herr Kiefer, wenn man sich Ihre Werke „Am Anfang“ oder „Palmsonntag“ der Mannheimer Ausstellung und auch anderes der vergangenen Jahre ansieht, bemerkt man eine zunehmende Konzentration auf spirituelle und religiöse Themen. Warum beschäftigt Sie das?
„Ich habe mich schon sehr früh, seit Beginn meiner künstlerischen Arbeit, für spirituelle und religiöse Ideen interessiert. In den siebziger Jahren sind unter anderem meine Bilder Vater, Sohn, Heiliger Geist, Quaternität, Glaube, Hoffnung, Liebe und Jakobs Traum entstanden und in den achtziger Jahren Aaron, Die Ordnung der Engel und Durchzug durch das rote Meer.
Später kamen die griechische, babylonische und ägyptische Mythologie hinzu und die jüdische Mystik. Mythische Erzählungen über die Schöpfung der Welt interessieren mich, denn sie versuchen sich dem anzunähern, das die Wissenschaft bis heute nicht erklären kann."
MAKING ANSELM KIEFER
MAKING ANSELM KIEFER
Johan Holten, Direktor der Kunsthalle Mannheim
MAKING ANSELM KIEFER
Sebastian Baden, Kurator der Ausstellung
MAKING ANSELM KIEFER
Katrin Radermacher, Restauratorin
MAKING ANSELM KIEFER
Ewa Wojciechowska, Leiterin Abteilung Kommunikation, Marketing, Audience Development
AUSSTELLUNGSAUFBAU
Zum AnfangATELIERS ANSELM KIEFER
ATELIER DES KÜNSTLERS
Mit der zunehmenden Größe seiner Werke, wuchs der Anspruch des Künstlers an die Räume für sein kreatives Schaffen. Vom Odenwald bis nach Südfrankreich hat Kiefer sich ein Gesamtkunstwerk an Ateliers errichtet.
POETISCHE INSPIRATION
ANSELM KIEFERPoetische Inspiration
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LEXIKON MYTHOS ANSELM KIEFER
KLEINES LEXIKON - MYTHOS ANSELM KIEFER
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ANSELM KIEFER DIGITALZDFkultur zeigt Anselm Kiefer in der "Digitalen Kunsthalle"
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Interview mit Anselm Kiefer
DAS GANZE INTERVIEW
„Ich habe mich schon sehr früh, seit Beginn meiner künstlerischen Arbeit, für spirituelle und religiöse Ideen interessiert. In den siebziger Jahren sind unter anderem meine Bilder Vater, Sohn, Heiliger Geist, Quaternität, Glaube, Hoffnung, Liebe und Jakobs Traum entstanden und in den achtziger Jahren Aaron, Die Ordnung der Engel und Durchzug durch das rote Meer.
Später kamen die griechische, babylonische und ägyptische Mythologie hinzu und die jüdische Mystik. Mythische Erzählungen über die Schöpfung der Welt interessieren mich, denn sie versuchen sich dem anzunähern, das die Wissenschaft bis heute nicht erklären kann."
Im Pariser Louvre hatten Sie 2007, also im Jahr, in dem Sie den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten haben, ein Riesengemälde gezeigt, das Sie selbst nackt auf dem Boden liegend mit dem Universum verbunden zeigt. Spüren Sie solche Verbindungen? (Anmerkung: Herr Kiefer hat den Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2008 erhalten und nicht 2007)
„Angesichts der Unermesslichkeit, der unvorstellbaren Größe des Universums, in dem wir keinen Sinn erkennen können, kann man verzweifeln. Wir wissen nicht, warum etwas ist und nicht nichts. Gleichzeitig sind wir, zusammengesetzt aus den Quarks, die im gleichen Maß immens klein sind wie das Universum groß ist, Teil dieses Universums. Allerdings ist da die große Frage, die selbst Einstein nicht lösen konnte, wie der Makrokosmos und der Mikrokosmos zusammenhängen. Denn der Makrokosmos bewegt sich ja nach völlig anderen Gesetzen als der Mikrokosmos.
Am Boden liegend suche ich mir einen einzelnen Stern aus und befestige meine Qualen an diesem Stern, „hitch your agony to a star“, wie es der Schriftsteller Saul Bellow in seinem Roman „Herzog“ formulierte."
Abgesehen von Ihren frühen Performances haben Sie sich ja ohnehin von der Zweidimensionalität über Reliefs wie „Königskerze“ oder „Sephirot“ bis hin zu riesigen Installationen wie „Die Türme der sieben Himmelspaläste“ in Mailand entwickelt - wo soll das hinführen?
„Zur Wahrheit."
Zeit spielt bei Ihnen ja auch eine wichtige Rolle, vor allem Vergangenheit im Großen und Kleinen. Nach vorne blickend: Was wünschen Sie, soll von Ihrem Werk in 100 oder 200 Jahren noch wirken?
„Da der Wunsch niemals mit seiner Erfüllung übereinstimmt, versage ich mir diesen Wunsch."
Das jüngste Bild der Mannheimer Schau, „Hortus Conclusus“ weist eine für Ihr Werk ungewöhnliche Farbenfreude auf. Das Werk ist von 2014. Wo sehen Sie Anlässe für so viel Zuversicht und Optimismus?
„Optimist“ oder „Pessimist“ sind für mich keine tauglichen Begriffe. „Zuversicht“ auch nicht. Ich sehe, dass bei jedem Beginn eines Werks bereits seine Negation enthalten ist. Das Nichts ist dem Seienden nicht entgegengesetzt, sondern beide bilden eine untrennbare Einheit."
Die Kunsthalle weist darauf hin, „Hortus Conclusus“ stelle thematisch einen abgeschiedenen Ort der Weisheit und Stille dar. Man könnte bei dem Titel und der Farbpalette auch an den Paradiesgarten denken - auch im Sinne des Islam, bei dem Grün ja auch das friedliche Paradies symbolisiert. Inwiefern haben Sie - bezogen auf die drei monotheistischen Religionen - einen interreligiösen Ansatz?
„Alle Religionen, nicht nur die monotheistischen, versuchen die Verschlossenheit der Natur aufzubrechen, in der der Geist noch nicht zum Vorschein gekommen ist. Es ist das Schweigen der Materie, deren Schwere das Entscheidende zurückhält. So legt sich über die unerlöste Natur der Schleier der Schwermut, jene tiefe, unzerstörbare Melancholie allen Lebens. So ungefähr hat Schelling es einmal formuliert."
Gerhard Richter ist ja nicht unbedingt als spiritueller Künstler bekannt. Trotzdem hat er jüngst einem Kloster im saarländischen Tholey Kirchenfenster entworfen und geschenkt. Wenn Sie müssten - für welches Kloster oder Gebäude würden Sie sich als Fenstergestalter entscheiden.
„Wenn da ein konkretes Angebot wäre, würde ich entscheiden."
Kirchenfenster sind ja angewandte Kunst, die das Drinnen vom Draußen trennen. Welche Formen angewandter Kunst könnten Sie sich in Ihrem Werk vorstellen?
Ich nehme an, Richter würde sich die Formulierung „angewandte Kunst“ verbitten. Kunst ist nie „angewandt“ wie man eine Theorie, ein Rezept oder eine Gebrauchsanweisung anwenden könnte. Außerdem werden durch Kirchenfenster nicht das Draußen vom Inneren getrennt. Sie sind höchstens eine semipermeable Membran zwischen zwei Sphären."
Sprechen wir mal über Ihre „Frauen der Antike“. Diese Arbeiten stellen sich in einer für Ihr Werk eher untypischen Leichtigkeit dar. Wie das?
„Alle meine Werke sind leicht und schwer zugleich."
Zugleich scheinen diese Frauen die Bürde der Kulturgeschichte zu tragen, sind Wissensträgerinnen, wie „Sappho“. Was haben Sie selbst in Bezug auf Erkenntnis von den Frauen der Geschichte gelernt?
„Frauen sind in meinem Werk omnipräsent. Sie sind uns Männern in vielerlei Hinsicht überlegen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Bücher von Hélène Cixous. In dem Werk „Die Frauen der Revolution“ von Jules Michelet kann man nachlesen, dass Frauen wie Madame Roland, Madame de Condorcet und Madame de Staël in ihren Salons die große Revolution vorbereitet haben.
Meine „Frauen der Antike“, die ohne Kopf dargestellt werden, nehmen Bezug darauf, dass Ideen und Texte antiker Frauen, wie z.B. die Gedichte der Sappho, nur durch die Zitate von Männern – Horaz, Catull und anderen – auf uns gekommen sind."
Welche Bedeutung die Frau in der Antike hatte, ist schwer zu beurteilen, in den Erzählungen der Bibel jedenfalls haben sie, bis auf die beiden Marias, eine eher untergeordnete Rolle. Und heute noch kämpfen Frauen für Gleichstellung und Gendergerechtigkeit. Mit welchen Gefühlen beobachten Sie diesen Kampf?
„Frauen hatten in der Antike eine große Bedeutung z.B. Hipparete, die Frau des Alkibiades, oder die Hetäre Thaïs, die Alexander dem Großen auf seinem Zug nach Persien folgte. Es gab auch Hetären wie Leontion, die philosophische Schulen gründeten. Thargelia von Milet wurde vom Perserkönig Xerxes als Politikerin gegen die Griechen eingesetzt und Aspasia, die Gefährtin des Perikles, war eine geschätzte Rednerin und Philosophin, die Kontakt mit Sokrates, Sophokles und Euripides pflegte.
Das Neue Testament ist hingegen frauenfeindlich. Es verschweigt die wichtige Rolle Maria Magdalenas und wertet sie als Hure ab. Es wird Zeit, dass die Überlegenheit der Frauen auch faktisch anerkannt wird, anstatt sie als Gefahr für uns Männer zu begreifen. Ich bin ein Verehrer Alice Schwarzers."
Sie gelten ja als politischer Künstler, sicher aber einer, der sich nie kreativ zur Aktualität äußert. Im Frühwerk ist das sehr deutlich, in den vergangenen Jahren ist das Politische sicher weniger offensichtlich. Wo sehen Sie sich denn selbst?
„Politik, allerdings keine Tagespolitik, kann man mehr und mehr in meinen Werken finden. Meine ersten Aktionen in den sechziger Jahren waren allerdings weniger politisch als eine Selbstverortung, eine Selbsterkenntnis. Ich wollte für mich herausfinden, wie ich selbst gehandelt hatte und ob Kunst nach dem Faschismus überhaupt noch möglich ist. Ich wollte hinter dem Phänomen Faschismus erkennen, was der Abgrund Faschismus für mich selbst bedeutet."
Mit welchen Gefühlen beobachten Sie, wie sich die Rezeption Ihres Werkes geändert hat: von dem dem Nationalsozialismus und dem allzu Deutschen Verbundenen zum Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels?
„Mit gemischten Gefühlen. Denn außerhalb Deutschlands wurde ich zu keiner Zeit als jemand betrachtet, der der Ideologie des Nationalsozialismus verbunden ist. "
ATELIER ANSELM KIEFER
ATELIER IN HORNBACH
ATELIER IN BUCHEN
ATELIER IN HÖPFINGEN
ATELIER IN BARJAC
ATELIER IN CROISSY
BLEI
SONNENBLUMEN
ZIEGELSTEINE
STERNE
HOLOCAUST
Die Shoah ist ein unfassbares Verbrechen, ein Zivilisationsbruch der Unmenschlichkeit, auf den Anselm Kiefer in vielen seiner Werke Bezug nimmt. Für seine künstlerische Arbeit am globalen Gedächtnis zieht Anselm Kiefer die Lyrik des jüdischen Dichters Paul Celan heran, der im November 1921 geboren wurde und mit seinen bedrückenden Gedichten „Todesfuge“ und „Schwarze Flocken“ über den Schrecken des Völkermordes Berühmtheit erlangte.
Anselm Kiefer wurde für seinen Anspruch, eine deutsch-jüdische Verständigung nach dem Holocaust zu suchen, mehrfach ausgezeichnet. Die Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim ist selbst Teil des Festivaljahres 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland.